Aus dem vorwärts vom 6. Juni 1974

Vor wenigen Jahren verkündeten die offiziellen Wortführer der internationalen Grossbourgeoisie und allen voran auch die der herrschenden Klasse unseres Landes, dass die marxistisch- leninistische Kritik am Kapitalismus überholt sei, dass dieser seine Schwierigkeiten gelöst und seine Widersprüche überwunden habe und dass sein Fortbestand garantiert sei.

Die Krise des Kapitalismus

Das kapitalistische System steckt in Tat und Wahrheit gegenwärtig in einer allgemeinen Krise, die von Tag zu Tag offensichtlicher wird. Dies sind, um auf die Formulierung Engels zurückzugreifen, die Auswirkungen der Revolution der Produktivkräfte gegen eine nicht mehr zeitgemässe soziale Struktur und überlebte Produktions- und Eigentumsverhältnisse.

Zur gleichen Zeit aber künden sich international wichtige Veränderungen an. Der Parteitag begrüsst mit grosser Freude die Widerherstellung der demokratischen Freiheiten in Portugal nach einem halben Jahrhundert blutrünstiger faschistischer Diktatur. Der Parteitag begrüsst den grossen Erfolg, den die fortschrittlichen und demokratischen Kräfte anlässlich der Abstimmung über das Referendum gegen die Scheidung und bei der Massenmobilisierung gegen die terroristischen Anschläge und das Wiederaufleben des Faschismus in Italien errungen haben.

Die Schweiz und ihre internationale Rolle

Fortschritte sind erzielt worden auf dem Wege zur friedlichen Koexistenz, der Regelung von Streitfragen in Europa und auf der ganzen Welt.

Es ist die Aufgabe der Schweiz, unter Wahrung ihrer staatlichen Neutralität, unter allen Umständen im internationalen Rahmen bei den Bemühungen um Entspannung und friedliche Koexistenz mitzuarbeiten. Es ist ebenfalls Aufgabe der Schweiz, eine Politik der Universalität zu betreiben und alle Staaten anzuerkennen, die sich von der kolonialen Knechtschaft befreien.

Der Parteitag bekräftigte seine uneingeschränkte Solidarität mit dem heldenhaften, unendlich schweren Kampf des chilenischen Volkes, welches Opfer eines blutigen faschistischen Staatsstreiches wurde, eines Staatsstreiches, dessen Komplize der Imperialismus war. Der Parteitag grüsst die Völker Vietnams und Kambodschas, die gezwungen sind, ihren bewaffneten Kampf fortzusetzen für die Unabhängigkeit und ihre Zukunft.

Unordnung, Verschwendung, Unfähigkeit

In der Schweiz werden die Folgen der allgemeinen Krise des Kapitalismus ebenfalls spürbar. Auch in unserem Land erkennen immer breitere Kreise, dass die herrschende Klasse immer weniger in der Lage ist, die sich verschärfende Situation zu meistern.

Mehr als je zuvor sind die Erscheinungsformen des Kapitalismus: Anarchie, Unordnung, Verschwendung und Zerstörung der natürlichen Umwelt. Der Kapitalismus missbraucht die Fortschritte von Wissenschaft und Technik und nützt sie mit Unverstand und Verantwortungslosigkeit aus. Das ist die innere Logik dieses Systems, die zerbrochen werden muss. Ebenso zu bekämpfen ist jede Verherrlichung von Wachstumseinschränkungen. Das notwendige ökonomische Wachstum, muss im allgemeinen Interesse des Volkes und Landes entwickelt, kontrolliert und genützt werden und nicht im Interesse des Grosskapitals.

Auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung

Die galoppierende Inflation, die rasante Erhöhung der Lebenskosten auf allen Gebieten treffen alle Volksschichten. Es wird immer offensichtlicher, dass die sogenannte Konjunkturpolitik der Bourgeoisie nur zum Ziel hat, die Wirtschaft vor einer Marktkrise zu retten und die Kosten des Kampfes gegen die Inflation auf die Schultern der arbeitenden Bevölkerung abzuwälzen.

So orientieren sich die herrschende Klasse und der Bundesrat auf eine «Einkommenspolitik» und einen Lohnstopp, die sich nur zum Nachteil der Lohnabhängigen auswirken könne. Die kann auf eine Beschränkung der Sozialausgaben und der Ausgaben im allgemeinen Interesse hinauslaufen, zum Beispiel gegen die Anpassung der AHV/ IV Renten.

Für eine neue Politik: Die Lösungen der PdA

Der Parteitag stellte sich entschieden gegen eine solche Politik des staatsmonopolistischen Kapitalismus, welche nur den Interessen des Profits dient.

Die Partei der Arbeit stellt dieser Klassenpolitik, die die berechtigten Interessen der Lohnabhängigen und der grossen Mehrheit der Völker aufs Spiel setzt, ihre eigenen Lösungen entgegen. Die Partei der Arbeit fordert eine andere Politik, die nicht durch das Bestreben diktiert wird, die übermässigen Privilegien einer allmächtigen kleinen Minderheit zu garantieren. Sie fordert die Einrichtung einer demokratischen Kontrolle der Preise, Profite und Investitionen, des Aussenhandels, des Imports und Exports von Kapital sowie der Dienstleistungen. Sie fordert schliesslich die Nationalisierungen der grossen Bank-, Industrie- und Handelsunternehmen, welche sich als nützlich für das allgemeine Interesse erweisen würde.

Heraus aus alten Gleisen

Der Parteitag unterstreicht, dass es heute mehr denn je nur einen Weg gibt, um neue Lösungen zu verwirklichen, um aus den ausgefahrenen Gleisen herauszukommen, um eine politische und soziale Erneuerung zu sichern, nur einen Weg der in der gegenwärtigen Situation realistisch angestrebt werden kann: die Vereinigung aller Kräfte der Arbeiterklasse. Der Parteitag nimmt entschieden Stellung gegen jeden Abbau der sozialen Sicherheit. Er spricht sich im Besonderen für die generelle Anpassung der AHV/ IV- Renten und in erster Linie für eine reale unmittelbare Verbesserung der ersten Säule aus. Er fordert gleichzeitig mit Nachdruck, dass endlich die schon zwei Jahre alten Versprechungen, eine zweite Säule zu errichten, gehalten werden.

Kampf gegen Teuerung und Inflation

Der Parteitag beschliesst, der Klassenkonjunkturpolitik der Grossbourgeoisie und dem vorgeschlagenen Verfassungsartikel, welcher ihr als Basis dienen soll,  eine Eidgenössische Initiative gegen Teuerung und Teuerung gegenüberzustellen. Die Initiative soll im Herbst lanciert werden. Der Parteitag beauftragt das Zentralkomitee und das politische Büro, einen Text auszuarbeiten.

Nein der gefährlichen Fremdenfeindlichen Initiative!

Hingegen verwirft und verurteilt der Parteitag entschieden die fremdenfeindliche Initiative der ultrarechten Nationalen Aktion. Er lenkt die Aufmerksamkeit der Lohnabhängigen auf die schwerwiegenden Gefahren, die diese Initiative für die schweizerischen und ausländischen Arbeitenden mit sich bringt: Spaltung ihrer Kräfte gegenüber den Herrschenden, brutale Desorganisation der Wirtschaft mit allen Folgen, Schliessung von Werkstätten und Betrieben usw.

Für den einheitlichen Kampf der Arbeiter!

Die Partei der Arbeit setzt sich für die volle Gleichberechtigung in Bezug auf die sozialen Arbeitsbedingungen für alle Arbeiter, gleich welcher Nationalität, und für die Abschaffung des beschämenden Saisonarbeiterstatus und für die Sicherung der Koalitionsfreiheit, der Versammlungs- und Redefreiheit ein. Die Partei der Arbeit betont einmal mehr, dass jede wirkliche und dauerhafte Lösung vor allem vom gemeinsamen und einheitlichen Kampf aller Arbeitenden, ohne Rücksicht auf die Herkunft, für die Verteidigung der gemeinsamen Rechte und Interessen gegen die kapitalistische Ausbeutung und die Klassenpolitik der Grossbourgeoisie abhängt.

Für eine neue Schweiz

Dieser Kampf wird lang, hart und schwer sein. Die Partei der Arbeit ist die einzige organisierte Kraft, die die Notwendigkeit des Kampfes für eine grundsätzliche Umgestaltung unserer Gesellschaft klar erkennt. Sie spielt in diesem Ringen die Rolle der Vorhut, eine Rolle, die ihr niemand abnehmen kann. Erfüllt vom Wissen um den Sinn unseres Kampfes, voll Vertrauen in unsere Mitglieder, Mitkämpfer und Freunde, wird unsere Partei unermüdlich fortschreiten auf dem Weg zu einer neuen Schweiz, einer sozialistische Schweiz!

Aus dem vorwärts vom 6. Juni 1974.