Medienmitteilung
Zürich, 1. September 2021
Gratisarbeit für die Universität ist der Normalfall
73.5 % des akademischen Nachwuchses der Universität Zürich leistet regelmässig Mehrstunden. Die Hälfte davon 10 oder mehr Stunden pro Woche. Dies zeigt eine breit angelegte Umfrage des VPOD Zürich. Besonders brisant: Weil das Führen einer Zeitbuchhaltung freiwillig und kaum etabliert ist, können die Doktorierenden, Postdoktorierenden, Assistent*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen die Mehrstunden weder kompensieren noch werden sie dafür entschädigt. Sie leisten massenhaft Gratisarbeit für die Universität.
Der VPOD weiss, dass von Teilzeitangestellten des akademischen Nachwuchses häufig erwartet wird, dass sie 100 % arbeiten, auch wenn sie für weniger entlöhnt werden. Zwar hält die Universität Zürich (UZH) in einem Reglement festhält, zu welchen Teilen Inhaber*innen von Qualifikationsstellen Arbeitszeit für die eigene Qualifikation aufwenden können und zu welchen Teilen sie maximal für die Lehre und weitere Aufgaben eingesetzt werden sollen. Trotzdem werden die Angestellten oft für viel mehr Arbeiten eingesetzt.
Gemäss Personalverordnung der Universität Zürich müssen Angehörige des Lehrkörpers und des Mittelbaus keine persönliche Zeitbuchhaltung führen. Ohne bewilligte Zeitbuchhaltung ist es den Angestellten jedoch nicht möglich, für die Mehrstunden eine Entschädigung einzufordern, obwohl ihnen diese rechtlich zustehen würde.
Um die Problematik der Mehrstunden beim akademischen Nachwuchs zu erfassen, hat der VPOD bei dieser Zielgruppe im Frühling 2021 eine Umfrage durchgeführt. 1601 Personen – ein Drittel der Betroffenen – haben daran teilgenommen. Das Ergebnis ist alarmierend!
73.5 % der Befragten leisten regelmässig Mehrstunden. Bei den Doktorierenden sind es sogar 81.7 %. Eine Umfrageteilnehmerin schreibt dazu: «Offiziell wurde ich mit einem Pensum von 60 % angestellt. Es wird aber erwartet, dass ich 100 % arbeite und dass ich keine weiteren Jobs mehr annehme.»
Entsprechend hoch sind die Mehrstunden, die geleistet werden: 47 % der Personen, die Mehrstunden leisten, gaben an, 10 oder mehr Stunden wöchentlich zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Pensum zu arbeiten. 14 % sogar mehr als 20 Stunden in der Woche. «Die Nachteile für die Angestellten sind vielfältig: Ruhezeiten werden nicht eingehalten, Nebenjobs werden verunmöglicht oder sind nur mit grossen Einschränkungen der Freizeit möglich, trotz 100 % Tätigkeit können bei den Steuern nur geringere Abzüge gemacht werden, Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist fast unmöglich», sagt Sandra Ceresa, Regionalsekretärin beim VPOD Zürich.
Die Ergebnisse zeigen klar: Es braucht dringend Verbesserungen der Anstellungsbedingungen des akademischen Nachwuchses. Darum hat sich der VPOD in einem Schreiben an die Universitätsleitung gewandt und fordert diese auf, Massnahmen zu ergreifen: «Auch Angestellte des akademischen Mittelbaus sollen für alle geleistete Arbeit entschädigt werden.», erklärt Jonas Keller, Co-Koordinator der VPOD-Gruppe an der UZH. Insbesondere fordert der VPOD die Prüfung der Einführung einer wirksamen obligatorischen Zeitbuchhaltung für alle Angestellten.
Angehörige des akademischen Nachwuchses haben nicht die einfachsten Arbeitsbedingungen: Häufige Befristungen, hohe Abhängigkeit von Professor*innen, erheblicher Konkurrenzdruck. Dazu kommen die vielen Mehrstunden. Der VPOD setzt sich dafür ein, dass auch Wissenschaftler*innen Teilzeit arbeiten können. «Gerade für Angestellte mit Familienpflichten ist dies eine wichtige Voraussetzung, um nicht von einer wissenschaftlichen Laufbahn ausgeschlossen zu werden.», sagt Michèle Dünki-Bättig, Präsidentin der VPOD Sektion Zürich Kanton.
Kontakt
Michèle Dünki-Bättig, Präsidentin der VPOD-Sektion Zürich Kanton,
michele.duenki@gmx.ch, 079 831 60 67
Jonas Keller, Co-Koordinator VPOD-Gruppe Universität Zürich,
jonaskeller@gmx.ch, 044 634 37 53
Sandra Ceresa, Regionalsekretärin VPOD Zürich,
sandra.ceresa@vpod-zh.ch, 044 295 30 21
Ausführliche Resultate der Umfrage
Medienmitteilung als PDF
Webseite VPOD Zürich