Am 27. Januar kam ich um sechs Uhr abends aus dem Haus Langstrasse 6, im Zürcher Kreis 4. Vor dem Hauseingang, auf dem Trottoir stolperte ich fast über einen Blumentopf. Neben dem Topf stand ein Schild auf dem zu lesen war:

«Heute, 27.1.2022 ist der Holocaust Gedenktag. Wir gedenken den hier wohnhaften Jüdin Henrika Sigmann die vor 77 Jahren im KZ Auschwitz umgekommen ist. Wir gedenken auch der übrigen rund 200 Schweizer*innen die in der Shoa ihr Leben verloren.»
Henrika wurde am 17. Februar 1899 in Zboro (damals Ungarn) in eine jüdische Familie hinein geboren, die im August 1901 nach Zürich umsiedelte. Henrika blieb vorerst bei den Grosseltern in Zboro. 1909 kam sie nach Zürich, wo sie die Primar- und Sekundarschule besuchte. Die Familie wohnte an der Langstrasse 6. 1918 erhielt die Familie von Henrika die Schweizer Staatsbürgerschaft.
1922 heiratete Henrika Bernhard D. Sigmann, der aus Galizien stammte, wodurch sie ihre Schweizer Bürgerrecht verlor. Das Ehepaar Sigmann liess sich in Amsterdam nieder. Am 10. Mai 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Am 18.Januar 1943 wurden sie, ihr Mann und ihre beiden ältesten Söhne nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Erst 1952 kam es zur Gesetzesänderung, dass Frauen, die einen Ausländer heiraten, ihre Schweizer Staatsbürgerschaft behalten können.
Heinrich Frei, Zürich