Vom 28. Februar bis zum 18. März fand in Bern die Frühlingssession des Parlaments statt. PdA-Nationalrat Denis de la Reussille stellte mit Interpellationen wichtige und unbequeme Fragen an den Bundesrat. Unter anderem zu einer verbotenen Software und zur zunehmenden Spielsucht.

«Die Session im März wurde weitgehend vom Krieg in der Ukraine beeinflusst, auch weil nach der Dringlichkeitsdebatte eine Resolution des Nationalrats angenommen wurde, die den Angriffskrieg Russlands verurteilt. Ich habe dieser Resolution auch zugestimmt», erklärt der PdA-Nationalrat Denis de la Reussille auf Anfrage des vorwärts. Der Genosse erwähnt weiter, dass die ausführliche Stellungnahme seiner Partei zur Situation in der Ukraine (siehe Seite 8) auch seine persönliche Analyse gut widerspiegele. Denis fasst es so zusammen: «In der Tat darf man nicht vergessen, dass Putins Russland vor allem nationalistisch und ultraliberal geworden ist, was natürlich nicht verhindert, dass ich die Rolle der Nato in dieser Krise sehr kritisch sehe.»

Clearview verbieten
De la Reussille reichte in der Frühlingssession gleich drei Interpellationen ein. Die erste betrifft die Nutzung der Software Clearview für die Gesichtserkennung. «Es scheint mir sehr wichtig zu sein, dass der Bundesrat Stellung bezieht, da eine gewisse Anzahl von Unternehmen und sogar die Polizei dieses Gesichtserkennungssystem ohne gesetzliche Grundlage einsetzen. Meiner Meinung nach sollte diese Technologie in unserem Land verboten werden», sagt der Genosse weiter dieser Zeitung.
Im Herbst 2021 wurde dank der amerikanischen Website BuzzFeed publik, dass die Kantonspolizei von St.Gallen und die Stadtpolizei von Zürich die höchst umstrittene Gesichtserkennungssoftware Clearview getestet haben – dies ohne gesetzliche Grundlage, also illegal. Festgehalten wird in der Interpellation auch, dass «Hunderte von Personen und Unternehmen über einen Zugang verfügen und Clearview für persönliche Zwecke nutzen». De la Reussille fordert den Bundesrat auf, «dringend zu handeln» und stellt der Regierung folgende Fragen: «Wie erklärt der Bundesrat, dass Polizeikorps Software jeglicher Art vollkommen illegal verwenden? Gedenkt der Bundesrat, dieses Verhalten zu beanstanden und die notwendigen Sanktionen gegen die Täterinnen und Täter zu ergreifen? Mit welchen Massnahmen plant der Bundesrat die Bevölkerung in Zukunft vor solchen Praktiken zu schützen?» Auf die Antworten darf mensch gespannt sein.

Grassierende Spielsucht
Die zweite Interpellation betrifft ein Problem, über das wenig gesprochen wird: die Spielsucht. «Dazu bewogen hat mich die dramatische Zunahme der Anzahl abhängiger Personen», erklärt De la Reussille. Eine von verschiedenen Medien durchgeführte Umfrage zeigt, dass für das Jahr 2020 rund 10000 Casinoverbote ausgesprochen wurden, während in den Jahren zuvor die Zahl um die 4000 lag. In der Schweiz gelten offiziell rund 220000 Personen als spielsüchtig. Die Prävalenz (Kennzahl) bei Minderjährigen liegt bei sechs Prozent, doppelt so hoch wie bei Erwachsenen. Von den exzessiven Spieler*innen sind 90 Prozent verschuldet, 65 Prozent haben psychische Gesundheitsprobleme und 49 Prozent haben körperliche Gesundheitsprobleme. Und: Die Spielsucht kostet der Allgemeinheit jedes Jahr über 600 Millionen Franken. Ist der Bundesrat darüber im Bild? Und plant er Massnahmen zum Schutz der Betroffenen? Diese zwei Fragen an die Regierung durch Denis, der auch erwähnt, dass ein Werbeverbot die Attraktivität der Geldspiele mindern würde. Die Interpellation endete mit einem konkreten Vorschlag in Form einer weiteren Frage an den Bundesrat: «Derzeit fliessen 0,5 Prozent der Bruttoeinnahmen aus Geld- und Lotteriespielen in die Prävention. Sollte dieser Prozentsatz nicht erhöht werden, um mehr Mittel für die Prävention zur Verfügung zu haben?»

Den finanziellen Zusammenbruch verhindern
Die dritte Interpellation ergreift Partei für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), an dessen Finanzierung sich auch die Schweiz beteiligt, aktuell mit zwanzig Millionen Franken jährlich. Laut dem Generalkommissar könnte «innerhalb von einigen Monaten die Nahrungsmittelhilfe, auf die zwei Millionen Menschen angewiesen sind, aufgrund von fehlenden Finanzmitteln gefährdet sein oder sogar ganz enden.» In Gefahr ist auch der Zugang zur Grundversorgung von fünf Millionen palästinensischen Flüchtlingen im gesamten Nahen Osten. Umso beschämender ist Folgendes: Die letzte Regierung der USA hatte dem UNRWA aus politischen Gründen jegliche Finanzierung gestrichen. Die neue Regierung unter Biden machte dies wieder rückgängig. Doch: «Die USA lassen dem Hilfswerk gemäss unseren Informationen noch immer 130 Million Dollar weniger zukommen als früher», ist in der Interpellation zu lesen. De la Reussille ist der Auffassung, der Bundesrat solle dahingehend wirken, dass die USA die UNRWA «wieder im alten Umfang finanziert.» Weiter soll die Schweizer Regierung zur Verhinderung des finanziellen Zusammenbruchs der UNRWA beitragen und sich für eine «auf lange Sicht dauerhafte Finanzierung der UN-Behörde» einsetzen.